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Max Natmessnig: Spitzenkoch und Fliegenfischer

The Wading List - fly fishing culture and philosophy

Wenn mich das Fliegenfischen eines im Leben gelehrt hat, dann dass es eine großartige Möglichkeit ist, besondere Menschen kennenzulernen. 

 

Neu in meinem Freundeskreis der Fliegenfischer ist Max Natmessnig. Max, 34, leitet den Rote Wand Chef’s Table im Rote Wand Gourmethotel in Lech, Österreich . Er gilt als einer der besten Jungköche des Landes und ist zufällig Fliegenfischer.

Ich bin zufällig auf Instagram über ihn gestolpert. Als ich mir sein Profil ansah, stellte ich fest, dass wir einen gemeinsamen Freund hatten – meine Cousine aus Brooklyn, New York. Die beiden arbeiteten zur gleichen Zeit im  Nomad Restaurant in Manhattan.

 

Als ich ihn kontaktierte, erwähnte ich meine Verbindung zu New York, wo ich meinen Master in Journalismus machte. Wir beschlossen schnell, einen Tag zusammen beim Fliegenfischen zu verbringen. Leichter gesagt als getan, denn Max arbeitet sechs Tage pro Woche.

 

Ende Juni haben wir endlich einen Termin gefunden, mussten aber in letzter Minute verschieben. Die Schneeschmelze hoch in den Bergen um Lech hatte das Wasser eingetrübt und machte eine Fischerei unmöglich. Aber zwei Wochen später standen die Sterne günstiger und ich sprang ins Auto, um die dreistündige Fahrt von München nach Lech zu machen.

 

In der Zwischenzeit, seit ich Max zum ersten Mal kontaktiert hatte, hatte ich einen anderen Fliegenfischer kennengelernt, der zu einem guten Freund von mir wurde, ebenfalls mit Bezug zu New York: Christian Anwander. Der gebürtige Österreicher ist Fotograf und lebt seit 15 Jahren mit seiner Familie in New York. Der Ort, an dem er aufgewachsen ist, liegt jedoch nur eine Autostunde von Lech entfernt.

 

Max nutzte diesen seltenen Fischtag, um seinen Jugendfreund Thomas Schatzmann aus Wien einzuladen. Thomas führt den traditionsreichen Fliegenfischerladen Klejch in der österreichischen Hauptstadt Wien.

 

Nachdem wir die Tageskarten zum Fischen des Lechbachs (der sich hinter der deutschen Grenze in einen mächtigen Fluss verwandelt und sich schließlich in der Nähe der Stadt Donauwörth mit der Donau vereint) abgeholt hatten, fuhren wir nach Zug, um Max und Thomas zu treffen.

 

Da sie bereits in ihren Wathosen zum Fischen bereit waren, verloren Christian und ich keine Zeit. Bald darauf machten wir unsere ersten Würfe. Das Schöne an der Begegnung mit Menschen beim Fliegenfischen ist die Tatsache, dass es im Grunde keine anfängliche Hürde gibt. Der Sport scheint als verbindende Kraft zu wirken, was dazu führt, dass man Fremden gegenüber normalerweise keine Zurückhaltung hat.

Für die morgendliche Session entschieden wir uns flussaufwärts zu wandern und Sektion 1 (in der obigen Karte grün markiert) zu befischen. Hier ist der Lech noch jung, nur wenige Kilometer von seiner Quelle entfernt in den Bergen rund um eines der besten Skigebiete der Alpen. Das Fischen hier macht Spaß, da es einfach ist, die Stellen zu finden, an denen die Forellen stehen. Sie meiden die Strömung und stellen sich an Orten ein, die ihnen Energie sparen.

 

Ursprünglich aus einer kleinen Stadt in der Nähe von Wien, begann Max seine Karriere in den Niederlanden, wo er unter Sergio Herman im Oud Sluis arbeitete, einem legendären Drei-Sterne-Restaurant, das 2013 seine Pforten schloss. Danach zog er nach New York, wo er Stationen im Restaurant Nomad und später bei Chef’s Table im Brooklyn Fare unter César Ramirez machte.

 

Dort lernte Joschi Walch vom Hotel Rote Wand in Lech Max kennen und überzeugte ihn, in seine Heimat Österreich zurückzukehren und den Chef’s Table im Schualhus der Roten Wand zu leiten. Seit Antritt seiner „Regentschaft“ im Jahr 2017 hat sich Max einen Ruf weit über die engen Täler Vorarlbergs hinaus erworben.

Max fischt seit seiner Kindheit und genießt die Ruhe des Sports, wenn er einen seltenen freien Tag hat. Wir arbeiteten uns stromaufwärts von Gumpen zu Gumpen vor. Hinter fast jedem großen Stein im oberen Streckenabschnitt steht eine gute Forelle. Da die Sommer hier oben kurz sind, sind die Fische hungrig und nehmen bei richtiger Präsentation die Fliege. Die größte Herausforderung ist die starke Strömung, die eine gute Drift erschwert.

 

Wir hatten sofort eine schöne und entspannte Atmosphäre unter uns vier und fischten abwechselnd auf steigende Forellen. Wir halfen uns gegenseitig bei der Auswahl der richtigen Fliege und gaben Anweisungen, wo ein guter Fisch stand.

 

Wie man es von einem Weltklassekoch wie Max erwarten würde, hatte er ein gutes Mittagessen zubereitet. Es wurde jedoch unterwegs serviert, um die Fischzeit zu maximieren.

 

Gegen Ende unserer morgendlichen Session gelang es Christian, eine schöne große Bachforelle zu landen, die wir zum Abendessen behalten wollten. Wir machten beim Hotel Rote Wand Halt und übergaben den Fisch. Das charmante Personal hat sich darum gekümmert und uns auf der Terrasse ein kühles Bier serviert. Die kurze Pause war eine willkommene Unterbrechung, denn die Fischerei hier oben gleicht einer richtigen Bergwanderung.

 

Nachmittagssession in der Schlucht

Für die Nachmittagssession wählten Max und Thomas die Sektion 4, die sich von Lech nach Warth erstreckt. Weite Teile dieses Beats sind fast nicht befischbar, da sich das Wasser des Lechbachs durch eine enge Klamm zwängt. Steile Hügel auf beiden Seiten machen es fast unmöglich, zum Wasser zu gelangen. Wir wollten es trotzdem versuchen und parkten unsere Autos am Gasthaus Bodenalpe.

 

Der Fluss wird auf dieser Strecke schnell größer, da viele kleine Bäche und Rinssale in den Lech münden. Auf der Karte hatten wir einen Weg entlang des Flusses ausgemacht. Es schien uns, als sei ab und zu der Zugang zum Wasser möglich. Aber es blieb eine Unsicherheit, ob es nicht zu steil wäre, zum Fluss hinunter zu kommen.

 

Der Grund, warum wir uns entschieden hatten, diesen Abschnitt des Flusses in Angriff zu nehmen, war unsere Annahme, dass der Fischereidruck sicherlich gering sein würde. Dass unsere Annahme zutrifft, mussten wir auf die harte Tour erleben, da es für ca. 40 Minuten keinen Weg hinunter zum Lech gab. Wir hielten die Moral trotzdem hoch und genossen die beeindruckende Umgebung mit Gipfeln von über 3.000 Metern.

Nach einem langen Spaziergang konnten wir endlich den Fluss sehen. Er floss jedoch ungefähr 70 Meter unterhalb von unserem Standort. Es gab keinen wirklichen Weg hinunter zum Wasser, aber ein kleiner Bach bot eine Art Orientierungshilfe. Wir beschlossen, es zu versuchen, wissend, dass der Weg zurück schwer werden würde.


Als wir endlich die Stelle erreichten, was von oben vielversprechend aussah, wurden wir nicht enttäuscht. Vor uns lag ein wunderschöner Pool, aus dem das Wasser aus einer beeindruckenden Schlucht floss.

Nachdem wir ein paar Fische aus dem Pool gelandet hatten, wollten wir weiter nach unten und dann hinauf nach Warth. Von dort wollten wir mit dem Bus zurück zu unserem Parkplatz fahren. Leider hatten wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Je weiter wir uns flussabwärts vorarbeiteten, desto schmaler wurde die Klamm und desto steiler die Hügel rund um den Lech. Es gab keinen Ausweg. Wir mussten umkehren und den Weg zurückgehen, den wir gekommen waren.

 

Wir waren uns alle einig, dass das passieren kann, wenn man neue Orte erkunden möchte. Man muss riskieren, dass der Plan nicht funktioniert.

 

Als wir endlich im Hotel ankamen, waren wir ein wenig erschöpft. Aber die Aussicht auf das Abendessen mit dem Fisch, den Christian am Morgen gefangen hatte, ließ uns die Strapazen des Tages schnell vergessen.

// Text von Leonard Schoenberger
// Fotos von Christian Anwander & Leonard Schoenberger